Hallo zusammen :-) Zuerst herzlichen Dank für dein Interesse an meiner kleinen Freizeitbeschäftigung :D
Ich heisse Janic Spörri, bin 26 Jahre alt und habe einen angeborenen Herzfehler. Mein Herzfehler setzt sich aus vier Fehlbildungen zusammen, einen Hauptfehler und
drei weiteren Missbildungen.
Meine Herzfehler einfach und aus meinen eigenen Wort erklärt:
Ihr seht, es ist ein komplexer Herzfehler und wird auch einfach ein Univentrikuläres Herz (oder eben halbes Herz) genannt. Was meine Eltern fühlten, als sie die
Nachricht bekommen haben, wie es um mich steht, muss ein grausames Gefühl gewesen sein, ich bin aber froh haben die beiden niemals die Hoffnung aufgegeben. Der Herzfehler wurde leider erst 5
Wochen nach meiner Geburt entdeckt. Damals hiess es von den Ärzten auf die Frage meiner Eltern, ob alles gut sei mit mir, nur: ''Er hat ein kleines Herzgeräusch, aber das ist so kurz nach der
Geburt völlig normal, bis sich der Körper an den neuen Kreislauf gewöhnt habe und kann auch einige Tage dauern.''
Der Arzt im Spital riet meiner Mutter, anstatt nach 6 Wochen schon nach 3 Wochen in die erste Kontrolle zu gehen. Der Kinderarzt hörte zwar das ungewöhnliche Herzgeräusch noch immer, meinte aber, dass sei nichts. Er melde mich aber zur Sicherheit im Kinderspital Zürich an für einen genaueren Untersuch, welcher dann in meiner 5. Lebenswoche stattfand. Erst dann haben die Ärzte mal genauer mein Herz untersucht. Meine Sauerstoffsättigung lag da bei 55%. (an alle die nicht so genau wissen, was die Sauerstoffsättigung ist, eine kurze Erklärung, wer diese nicht benötigt. überspringt den kursiven Text.)
Die Sauerstoffsättigung ist für unseren Körper sehr wichtig, da unsere Lungen sich beim Einatmen mit Sauerstoff füllen, und das
Blut, welches durch die Lungen strömt, aufnimmt und im ganzen Körper verteilt. Unser Körper benötigt überall Sauerstoff, im Hirn, in den Muskeln und naja einfach überall. die Sauerstoffsättigung
zeigt in % an wie viel vom möglichen Blut mit Sauerstoff gefüllt ist. Ihr könnt Euch das vorstellen wie ein kleiner Güterwagen, es hilft ja nicht wenn dieser Güterwagen nur halbvoll umherfährt.
Eine gesunde Person hat eine Sauerstoffsättigung zwischen 97% und 100%. Auch Werte bis 94% sind möglich und bedenkenlos. Bei Werten um 91% ist es dann schon nicht mehr so gut und Werte unter 85%
sind kritisch.
Da meine Sauerstoffsättigung so tief war, ist mein Körper blau angelaufen, also meine Haut hatte einen bläulichen Farbton. Ich wurde sofort auf die
Intensivstation verlegt. Am nächsten Morgen fand zuerst eine Herzkatheteruntersuchung statt, um sicherzustellen, dass die Diagnose über den Ultraschall richtig war. Danach wurde ich am Nachmittag
ins Universitätsspital Zürich verlegt und notoperiert am 12.04.1995.
Diese erste Operation war eine lebensrettende Notoperation am offenen Herzen. Es folgten die Hemifontan-OP im Oktober 1995 und die Fontan-Komplettierung im
Jahr 1998. Danach hatte ich relativ meine Ruhe ausser den jährlichen Kontrollen. Ich ging aber auch da schon sehr offen und ehrlich mit meiner Krankheit um.
Ab diesem Punkt möchte ich den folgenden Text etwas unterteilen und strukturieren, da ich die Schulzeit und die Spitalaufenthalte ohne Unterbrechung schreiben
möchte. Hier geht es erstmal mit dem weiteren Gesundheitlichen weiter.
Wer meinen Umgang mit Freunden und in der Schulzeit lesen möchte, soll doch bitte etwas runter scrollen, bis unter den blauen Trennstrich.
Der Teil mit Berufsleben folgt noch etwas tiefer
Anfangs nach den Operationen musste ich alle drei Monate zur Kontrolle ins Spital. Etwa ein Jahr nach meiner dritten OP am offenen Herzen (1998) wechselten
die Kontrollen auf jährlich, bis im Frühling 2005. Im Sommer 2005 kam auf einmal und für mich etwas schnell der Begriff "einen Herzschrittmacher implantieren". Am 13.12.2005 war dann auch
die Operation. Es war eine mehrstündige Vollnarkose Operation, und glaub auch die erste OP, die ich sozusagen vollkommen bewusst wahrgenommen habe, da ich bei den anderen halt auch relativ klein
und jung war. Ich erinnere mich schon noch an gewisse Ausschnitte aus dem Jahr 1998, aber nicht so bewusst wie die Erinnerungen die ich aus der Herzschrittmacher Operation habe. Leider gab es
beim Herzschrittmacher Implantieren ein kleines Problem. Bei der Operation wurde die Lunge verletzt, weshalb Luft in meinen Bauchraum kam. Um diese vom Körper zu verarbeiten, musste ich einige
Tage einen Sauerstoffschlauch in der Nase tragen. Ich kam am 23.12.2005 endlich aus dem Spital und konnte noch Weihnachten mit meiner Familie feiern, aber seit da ist Weihnachten für mich einfach
etwas ganz anderes als zuvor, irgendwie hat Weihnachten seit damals einen etwas faden Beigeschmack für mich, und ich persönlich würde dieses Fest von mir aus auch gerne auslassen, aber irgendwie
ist es so traditionell, dass man das nicht einfach so ''abschalten'' kann :D
Danach war aber alles gut, den Herzschrittmacher habe ich an einem etwas ungewöhnlichen Ort, und zwar unter meinem linken Arm. Normalerweise wird ein
Herzschrittmacher unter dem Schlüsselbein oder im Bauchraum unter den Rippen platziert. Da ich aber natürlich mit damals 10 Jahren kurz vor meinem Wachstum war, wurde extra ein anderer Ort
gewählt, da ich auch relativ viel Energie hatte damals und der Schrittmacher sollte keine Schläge oder Stösse abbekommen.
Durch den Arm ist der Schrittmacher nonstop super geschützt und ich konnte auch in die Höhe wachsen, ohne dass die Kabel, die direkt am Herzen
angeschlossen, sind Zug draufbekommen und am Ende abreissen könnten.
Im 2018 wurde dann diskutiert, meinen Herzschrittmacher zu wechseln, da die Batterien langsam aufgebraucht waren. Ich wollte aber nicht im Sommer eine Operation, da die Wundheilung im Winter besser funktioniert bei uns Menschen (kein Schweiss und etwas steifere Haut). Mein Arzt und Ich verstehen uns wirklich sehr gut, und deshalb kann ich mit ihm auch einige Dinge ausprobieren. Es gibt noch nicht viele Erwachsene mit einem solchen Herzfehler, da erst kurze Zeit vor meiner Geburt Operationsmethoden entwickelt wurden, die diesen Herzfehler lebensfähig machten.
Wir kamen dann auf die Idee, meinen Puls von damals 75 Schlägen pro Minute auf 55 zu reduzieren, dann muss der Schrittmacher weniger eingreifen und benötigt
so auch weniger Batterie. Ziel wurde erreicht und die Batterie hilft nur durch das Runterstellen auf einmal noch über ein Jahr, somit konnte ich die Operation auf das Jahr 2019
verschieben.
Im Sommer 2019 dann wieder das Gleiche, die Batterie hätte noch etwa 1 Jahr gehalten, wir haben dann sogar versucht, meinen Puls von 55 auf 40 herunter zu
setzen, aber das war keine gute Idee. Beim Belastungs-EKG sah man, da der Schrittmacher nicht mehr auf so eine hohe Hilfsobergrenze geschaltet war, dass ich ab einem Puls von ca. 130
Herzaussetzer hatte. Wenn das das einzige gewesen wäre, dann wäre das schön. Nein, ab einem Puls von etwa 43 und weniger bekomme ich Herzflattern, das kann so weit gehen bis zu einem Herzinfarkt.
Das Gute an diesem Test war aber: ich habe gesehen, dass ich mit meinem Schrittmacher nicht unter 50 gehen sollte und auch nach oben, damit er mindestens bis 160 Schläge pro Minute mithilft und
Herz Aussetzer sofort behebt.
Die OP wurde dann geplant und wurde zuerst auf den 17.12.2019 terminiert. Leider musste die dann schon kurz nachher auf den 18.12.2019 verschoben werden.
Leider kam das noch schlimmer, da so viele Notfall Operationen anstanden wurde ich übers Wochenende beurlaubt und auf den Montag dem 23.12.2019 verschoben. Und ja, dieses Datum klappte dann auch
wie gewollt. ich konnte sogar am 24. Dezember bereits nach Hause.
Bis jetzt stehen momentan keine weiteren Operationen an, aber ich bin sehr froh, habe ich meinen Schrittmacher Ende 2019 noch gemacht, was danach kam, muss ich wohl niemandem erzählen. Corona kam und da wäre es vermutlich kaum möglich gewesen (im Mai) einen Herzschrittmacher-Wechsel zu machen. oder mindestens nicht so ''einfach''.
Für alle, die den Operationsteil übersprungen haben (oder auch durchgelesen), danke ich schon mal und werde in diesem Teil berichten, wie das Ganze für mich in der Schule und in meiner Freizeit war.
Wer direkt zu meinem Berufsleben will, für den geht
es unter dem Nächsten Trennstrich weiter:)
Die Schulzeit war für mich ganz in Ordnung. zu
Beginn, also im Kindergarten und der Unterstufe (1.-3. Klasse) Informierte meine Mutter die Lehrpersonen oder sagte, dass die Lehrerin oder der Lehrer auch die Schüler informieren soll,
damit sie einen einfacheren Umgang haben mit mir.
Ab der Mittelstufe (4.-6. Klasse) war für mich
bereits klar, dass ich irgendwann mal fehlen werde durch die Operation des Herzschrittmachers. Diese war im 2005, bez. in meiner 5. Klasse.
Ich habe somit am ersten Schultag in der neuen Klasse
einen Zettel mitgenommen und habe bereits beim ersten Mal guten "Tag sagen" die Lehrerin gefragt, ob ich der Klasse nachher etwas sagen dürfe. Sie wusste bereits Bescheid und natürlich willigte
sie ein. Das war das erste Mal, als ich wirklich für mich ganz alleine nach vorne stand und allen erzählte, was mit mir ist. Information aller Beteiligten ist mir am Wichtigsten. Es gibt dafür
zwei Gründe: Erstens, wenn irgendetwas passiert oder sonst nicht gut ist, dann wissen alle Bescheid und können auch die richtige Hilfe organisieren, also im Fall der Mitschüler natürlich einen
zuständigen Lehrer. Zweitens, ich erzähle ja gerne über mich und wie es mir geht, aber ich will nicht jedem einzeln in einer neuen Schulkasse alles erzählen müssen was ist und was war.
Das Ganze habe ich natürlich nicht nur in der
Mittelstufe gemacht, sondern auch in der Oberstufe (7.-9. Klasse) Und danach auch in der Berufsschule. Es wurde jedes Mal einfacher, und die Leute nahmen auch immer eine sehr Rücksicht
auf mich. Ich will nicht extra in Watte gepackt werden und komplett beschützt werden, auch ich muss mal die Herdplatte anfassen, um zu merken, dass die noch heiss ist! Auch ich muss hinfallen, um
zu merken, dass der Boden mich zwar immer fängt, aber auch Schmerzen bereiten kann!
Ich hatte in meiner ganzen Schulzeit auch nur einmal
ein Problem mit einem Lehrer, wie es dazu kam tut nichts zur Sache, ich sage nur, der Sportlehrer sprach eine Kollektivstrafe aus für alle und auch er wusste, dass ich mich auch beim Sport
manchmal etwas zurücknehmen muss, aber in dem Moment war ihm dies egal.
Ich habe diese Strafe zwar gemacht, weil ich sehr
diszipliniert bin, habe mich aber auch nachher beschwert und er wollte mich daraufhin vom Sportunterricht befreien, und das wollte ich noch weniger, da ich ja immer sage, ich wolle nicht anders
behandelt werden nur weil ich einen Herzfehler habe.
Im Endeffekt kam auch da alles gut, und ich bin froh,
dass ich meine Schulzeit trotz Kleinigkeiten auch gut gemeistert habe.
Zu meiner Freizeit
Ich habe natürlich auch meine Freunde immer informiert, selbst wie die jeweiligen Untersuchungen gelaufen sind. Ich hatte aber nicht nur einfache Zeiten. In der Mittelstufe und zu Beginn Oberstufe wurde ich oft gemobbt. Ich weiss nicht weshalb, ob es an der Tatsache des Herzfehlers lag, oder ob ich einfach ein leichtes Opfer war! Ich wollte in meiner Jugend auch nicht ''anders'' sein als alle anderen, und deshalb habe ich mal bemerkt, dass auch wenn ich die Medikamente welche ich Täglich einnehmen muss, nichts Schlimmes passiert, wenn ich die nicht nehme. Das begann mal mit "einmal" vergessen, aber artete am Ende so stark aus, dass ich absichtlich meine Medikamente vergass um nicht anders zu sein. Irgendwann habe ich diese sogar nur noch alle zwei Wochen genommen... Meine Eltern verzweifelten fast, weil sie mich nicht dazu brachen, die Medikamente regelmässig einzunehmen.
Nein ich bin definitiv nicht stolz darauf, und ich
bin froh, hatte ich dann auch mal ein Gespräch mit einem weiteren Herz-Patienten, welcher etwas älter war als ich. Er hat mir an einem Abend wirklich schön die Kappe gewaschen, auch was
passieren kann, wenn ich diese weiterhin nicht mehr nehmen werde. Das hat mich abgeschreckt, und ich habe mich dann auch wirklich daran gehalten. klar habe ich etwas meine Zeit gebraucht, um
wieder in den Rhythmus zu kommen, aber ich denke, ich habe das mittlerweile sehr gut gelöst. Ich habe seit 2016 nun auch ein anderes Medikament (Marcoumar) und meine Hausärztin hat mir ein sehr
gutes App empfohlen, um meine Blutgerinnung zu überwachen. Es nennt sich Coagu und ist im App-Store oder im Google-Playstore verfügbar für 5 Franken. Ich habe wirklich fünf Franken schon dümmer
ausgegeben. ich kann da meine Blutgerinnung eintragen und sogar eine Erinnerung einstellen, damit ich die wirklich nicht vergesse!
Meine Freunde schauen auch immer zu mir, sie wollen
immer wissen, wann ich meine nächste Untersuchung habe, und vor allem wollen sie wissen, wie es mir im Allgemeinen so geht und was bei den Untersuchungen so herauskommt. Ich hatte einige schwere
Jahre, aber ich denke, ich habe meinen Platz in der Welt gefunden und kann mich voll und ganz auf die Unterstützung meiner Freunde und Familie verlassen!
Es freut mich, dass du bereits hier nach unten gelesen hast.
Dieser Teil ist eher kürzer, du hast es bald geschafft :D
Es war von Beginn auf für mich klar, dass ich etwas in einer Werkstatt machen will, ein Bürojob kam für mich persönlich gar nicht erst in Frage. Meine Ärzte waren
da zwar anderer Meinung, aber sie sagten, schlussendlich müsse ich Freude an meinem Beruf haben und was bringt es, wenn ich nach dem zweiten Tag bereits nicht mehr zur Arbeit möchte. Somit gaben
sie das OK, aber mit Vorsicht!
Ich habe dann auch mehrere Schnupperlehren gemacht, aber der Beruf Motorradmechaniker hinterliess bei mir am meisten Spuren. Als ich dann auch meine Bewerbung
abgegeben habe, informierte ich direkt auch den Chef über mich und mein Herz. Aus heutiger Sicht war ich damals mutig, und gleichzeitig einfach nur ehrlich!
Mein Chef wusste also bereits vor meinem ersten Arbeitstag, was ich habe, und was das heissen kann. Ich bin so froh, hat er sich damals für mich entschieden, ich
denke, er sah einfach nur mein Potenzial.
Nach 4 Jahren Berufslehre war natürlich die Frage, was ich nach meiner Ausbildung mache. Ich bekam glücklicherweise von meinem Chef das Angebot, weiter bei ihm als
Mechaniker zu arbeiten, ein Jahr später beförderte er mich zum Werkstatt Chef und unterstellte mir zwei neue Lehrlinge. Der eine ist immer noch bei uns im Geschäft, er konnte wie ich ebenfalls am
Ausbildungsort weiterarbeiten. Ich werde für meine Hilfsbereitschaft und meine Höflichkeit auch sehr geschätzt. Natürlich auch für meine tägliche Arbeit.
Ich schreibe diesen Text im Februar 2021, und ich werde im kommenden Oktober auch noch eine grössere Weiterbildung beginnen, und zwar zum Betriebsleiter für Motorradmechaniker. Ich bekam von meinem Chef die Gelegenheit, diese zu machen, und ich könnte mir zu diesem Zeitpunkt keine bessere Berufs-Entscheidung vorstellen als die, die ich damals mit 16 bereits hatte. Nebenbei, ich freue mich auf diese grosse Herausforderung einer berufsbegleitenden Weiterbildung. Ihr seht, ich arbeite somit seit 10 Jahren nicht nur in derselben Branche, sondern sogar noch im selben Betrieb. und weswegen ist das so? Weil ich in meinem Geschäft für das geschätzt werde, was ich bin, und für dafür bin ich unendlich dankbar.
Hier unterhalb ist noch ein Video vom SGI Symposium im 2019, bei welchem ich damals vorsprechen durfte.